Er liegt im Verborgenen. Vielleicht war er deshalb für lange Zeit das meist unterschätzte menschliche Organ – unser Darm. Dabei spielen er und vor allem seine Besiedlung, das Darmmikrobiom, eine entscheidende Rolle für unsere physische, aber auch unsere psychische Gesundheit.

In den vergangenen Jahren ist die Mikrobiomforschung immer mehr in den Fokus der Medizin gerückt. Immerhin kommen die Bakterien und sonstigen Bewohner unseres Darms auf ein Gewicht von bis zu 2,5 Kilogramm. Das menschliche Gehirn bringt im Schnitt lediglich 1,4 Kilo auf die Waage. In unserem Darm leben geschätzt bis zu 100 Billionen Mikroben, während die Zahl der Zellen, aus denen ein Mensch besteht, auf 70 bis 100 Billionen geschätzt werden. Viele neue Erkenntnisse und Zusammenhänge wurden entdeckt, eine Vielzahl von Büchern widmete sich zuletzt diesem Thema. Eines der bekanntesten dürfte „Darm mit Charme“ von Guilia Enders sein.

Ausgewogene Besiedlung und Diversität für die Darmgesundheit besonders wichtig

Heute ist bekannt, dass eine ausgewogene Darmbesiedlung und eine große Diversität der unterschiedlichen Mikrobenspezies besonders vorteilhaft für unsere Gesundheit sind. Leider ist durch den typischen Lebensstil in den Industrieländern mit meist einseitiger Ernährung und häufigen Antibiotikaeinsatz in den Därmen der dort lebenden Menschen vieles davon verloren gegangen. Während sich beispielsweise im Darm der Hadza in Tansania, welche noch relativ unbeeinflusst der Zivilisation leben, eine große Artenvielfalt zeigt, überwiegen in den Därmen der Bevölkerung von Industrienationen häufig Fäulnisbakterien.

Hierin wird auch einer der Zusammenhänge gesehen, weshalb bei den Hadza Zivilisationskrankheiten nahezu unbekannt sind, während sich diese in den Industrieländern immer weiter ausbreiten. Vor allem chronisch entzündliche Darmerkrankungen, der löchrige Darm, Allergien und Autoimmunerkrankungen sowie psychische Erkrankungen nehmen in den Industrieländern immer stärker zu. Hier gibt es eindeutige Zusammenhänge zwischen der Ernährung und der Darmbesiedlung.

Futter für unsere guten Darmbakterien

Damit sich Bakterien wie beispielsweise Clostridien nicht übermäßig vermehren können, ist es wichtig, dass sich der durch einen Stuhl-Test messbare Darm PH-Wert im Bereich zwischen 5,5 und maximal 6,5, also im leicht sauren Bereich aufhält. Wird das Milieu zu basisch, können sich Clostridien leichter vermehren. Gleiches gilt, wenn durch regelmäßige Einnahme von Magenschutztabletten zu wenig Magensäure vorhanden ist, diese durch Trinken zum Essen zu stark verdünnt wird, oder nicht ausreichend lange gekaut wird.

In diesen Fällen kann die Eiweißverdauung im Magen beeinträchtig sein. Proteine werden nicht vollständig in Aminosäuren aufgespalten. Clostridien vergären primär unverdaute Eiweiße und Fette. Dabei entstehen Ammoniak, Schwefelwasserstoff und biogene Verbindungen, welche das Darmkrebsrisiko erhöhen können. Weiterhin produzieren diese Bakterien Histamin, das Allergiesymptome verstärken oder überhaupt erst auslösen können. Clostridien vermehren sich häufig auch beim Einsatz von Antibiotika und können Durchfälle auslösen – eine der typischen Nebenwirkungen dieser Medikamente und negativ für die Darmgesundheit.

Um den Darm PH-Wert im säuerlichen Bereich halten zu können, sind Lactobacillen und Bifidobakterien besonders wichtig. Letztere sondern mit Bifidin außerdem ein Toxin ab, welches schädlich für Clostridien, aber auch Listerien ist. Sowohl Lactobacillen, als auch Bifidobakterien finden sich in fermentierten Lebensmittel wie beispielsweise frischem, unerhitztem Fass-Sauerkraut, Kimchi, sauer eingelegtem Gemüse, aber auch in vielen Käsesorten. Damit sich die Bifidobakterien in unserem Darm besonders wohlfühlen, ist eine ausgewogene und ballaststoffreiche Ernährung mit verschiedenem Gemüse, Obst und Nüssen vorteilhaft.

Tipps für eine dauerhafte Darmgesundheit

Hier ein paar weitere Tipps, die dabei helfen können, sich möglichst darmgesund zu verhalten:

  • Gut gekaut, ist halb verdaut. Wird der Speisebrei bereits im Munde gut zerkleinert, können Nährstoffe im Anschluss im Magen und Darm besser aufgenommen werden.
  • Mindestens 30 Minuten vor und nach dem Essen nichts trinken. Getränke verdünnen die Magensäure, was Eiweiß schlechter verdaulich macht. Eiweißreste im Darm sind jedoch wieder Nährstoff für Bakterien, von denen wir nicht zu viele im Verdauungstrakt haben wollen.
  • Kein Alkohol zum oder nach dem Essen. Alkohol reduziert die Verdauungsprozesse.
  • Reduzierter Stress und Entspannungstechniken sind förderlich für die ausgewogene Darmbesiedlung, ebenso wie ausreichend Schlaf.
  • Den Zuckerkonsum möglichst reduzieren, da dieser Futter für die eher ungünstigen Darmbakterien ist, die sich sonst stark vermehren können.
  • Vermeiden Sie möglichst industriell gefertigte Lebensmittel, da diese oft Zusatzstoffe enthalten, die unser Mikrobiom schädigen können.
  • Sofern keine Fehlbesiedlung mit Firmicutes oder Bacteroidetes vorliegt, erhöhen Sie den Anteil an Ballaststoffen. Darüber freuen sich die förderlichen Darmbakterien. Bei einer bestehenden Divertikulose Flohsamenschalen vermeiden und besser auf lösliche Ballaststoffe setzen.
  • Sofern Sie nicht an einer Histaminunverträglichkeit leiden, essen Sie regelmäßig milchsauer vergorenes wie Sauerkraut, sauer eingelegtes Gemüse und Kimchi.