Einer Studie des Versicherungsmaklers Finanzchef24 zufolge, flossen über 82 Millionen US-Dollar in den neuen digitalen Versicherungsmarkt. Das Vertrauen in die Zukunft der Branche ist offensichtlich groß, auch wenn das Gros der Bundesbürger mit dem Namen InsurTech noch immer wenig anzufangen weiß. Und dies, obwohl sich mittlerweile rund 40 Anbieter in diesem Segment tummeln.

Dabei ist der hinter der Geschäftsidee steckende Gedanke simpel und hat viel mit der Vergangenheit zu tun: Schon seit vielen Jahren verweisen die Versicherer gerne auf die rasant wachsende Zahl sogenannter hybrider Kunden. Informationen werden online im Internet eingeholt, Verträge dann auf der Basis der im Internet gewonnenen Erkenntnisse beim Berater Auge in Auge abgeschlossen.

Ganz anders also, als etwa im Elektronikhandel, bei dem viele Kunden sich im Fachhandel beraten lassen, um anschließend preiswerter online zu bestellen.

InsurTechs wollen die Vorteile beider Welten auf einen Nenner bringen. Kern des Ganzen ist beispielsweise eine übers Internet oder mittels Smartphone abrufbare Anwendung (digitaler Marktplatz), in die der Nutzer seine bestehenden Versicherungsverträge eingibt und nach besseren Alternativen suchen lässt.

Der Schwerpunkt liegt mithin auf dem Management der bestehenden Verträge und der damit verbundenen Möglichkeit, von einem Versicherer zu einem anderen zu wechseln. Daneben gibt es InsurTechs, die ausschließlich in Versicherungsnischen aktiv sind und auch Kurzfrist-Policen anbieten.

Vielfalt der InsurTechs

  • Digitaler Marktplatz: s.o.
  • Peer-2-Peer: Versicherte finden sich in Gruppen zusammen und unterstützen sich mit ihren Versicherungsbeiträgen bei einer gleichzeitig höheren Selbstbeteiligung im Schadensfall gegenseitig. Nicht verbrauchte Beiträge werden den Mitgliedern zu einem großen Teil aus einem gemeinsamen Topf als Bonus zurückerstattet.
  • Versicherungs-Manager: Dabei handelt es sich um einen digitalen Versicherungs-Ordner, in dem Policen abgelegt und verwaltet werden können.
  • Anbieter von Spezialversicherungen: s.o.

Die zunehmende Beliebtheit der neuen digitalen Marktteilnehmer hat viel mit dem Empfinden zu tun, für die beim Vertragsabschluss über einen Makler, Mehrfachagenten oder Einfirmenvertreter zu zahlende Provision keinen greifbaren Mehrwert zu erhalten. Doch das ist nicht alles.

Immer mehr Verbraucher sind äußerst technikaffin und schätzen deshalb die nahezu jederzeitige Erreichbarkeit des InurTechs per App, E-Mail, Telefon oder Internet-Chat. Ohne Risiko ist das jedoch nicht, mitunter sind die Angebote nicht ausreichend transparent. Und manche Nischenpolicen erfüllen auch keinen wirklich vorhandenen Bedarf. Kurzfrist-Absicherungen sind zwar „trendy“, entsprechende Jahresverträge können jedoch proportional preiswerter sein und bieten 24-stündigen Schutz an 365 Tagen im Jahr.

Größtes Manko allerdings ist vielfach die fehlende persönliche Beratung bei erklärungsbedürftigem Versicherungsbedarf oder bei der Schadensabwicklung.

Ausgestattet mit einer qualitativ hochwertigen Vergleichssoftware, ist ein versierter Makler, Berater oder Vermittler gerade bei beratungsintensiven Produkten wie etwa der Privaten Krankenvollversicherung dem digitalen InsurTech überlegen. Zudem ist der Informationsanspruch des Kunden zum Maklermandat sowie zu Dokumentations- und Haftungspflichten bei ihm viel eindeutiger geregelt.

Trotz der nicht zu unterschätzenden Nachteile von InsurTechs ist immer wieder die Rede davon, dass ihr Erstarken automatisch zu Geschäftseinbußen bei klassischen Maklern führen werde. In der Tat ist es vorstellbar, dass die natürliche Zielgruppe für die geschäftliche Zukunft, also junge und der Online-Welt besonders zugewandte Menschen, wegbrechen könnte. Oder dass ein wesentlicher Teil des allgemeinen Geschäfts in die neuen Vertriebswege fließt. Das wäre fatal, sehen sich Makler doch schon seit einigen Jahren mit einem enormen Provisionsabrieb bei gleichzeitig steigendem administrativem Aufwand konfrontiert. Und die finanziellen Einbußen könnten noch immer kein Ende haben, wie eine aktuelle Studie des Beratungsunternehmens Oliver Wyman befürchten lässt.

Demnach könnte eine strengere Regulierung der Provisionen im Lebensversicherungsgeschäft, verbunden mit Gesetzesänderungen im Rentenbereich, das Provisionsvolumen für gebundene Vertriebe bis zum Jahr 2025 um weitere 40 bis 50 Prozent schrumpfen lassen.

Seit fast einem Jahrzehnt gibt es mittlerweile InsurTechs. In dieser Zeit hat sich der Markt verändert. Immer mehr dieser Startups machen sich für Makler attraktiv.

Doch die Gemütslage bei den Betroffenen sieht offenbar völlig anders aus, folgt man der Studie Makler-Absatzbarometer des Marktforschungs- und Beratungsinstituts YouGov.

Im Dezember 2016 waren 265 Finanz- und Versicherungsmakler mit Schwerpunkt im Privat- und Firmenkundengeschäft zu den Gefahren durch InsurTechs befragt worden. Lediglich jeder Fünfte von ihnen konnte demnach eine hohe oder sehr hohe Bedrohung für das Maklergeschäft im Allgemeinen erkennen. Besorgt um das persönliche Arbeitsfeld zeigten sich sogar nur neun Prozent der Makler. Und dies, obwohl es InsurTechs bereits seit dem Jahr 2008 gibt. Ganz im Gegenteil: Der Studie zufolge kann sich sogar jeder fünfte Befragte eine Kooperation vorstellen oder praktiziert diese bereits.

Letzteres liegt voll im Trend. Denn gerade die White-Label-Plattformen, bei denen Produkte von Versicherern eingebunden werden, generieren Zusatzeinkommen für Makler. Kein Wunder also, dass es bereits Kooperationen zwischen Maklerpools und InsurTechs gibt. Dies kann nicht nur die Akquise neuer Kunden erleichtern. Eine digitale Versicherungsakte, die gesamte technische Vertragsabwicklung und der Zugriff auf eine völlig neue Kundenklientel – all das soll über das betreffende InsurTech dargestellt werden. Die Makler selbst profitieren – in einzelnen Versicherungssparten – noch in ganz besonderer Weise: Ihren onlineaffinen Kunden können sie zumindest einige digitale Lösungen anbieten, während sie selbst weiterhin der erste Ansprechpartner für beratungsintensiven Versicherungsschutz bleiben.

Auch die Versicherungsgesellschaften finden sich zunehmend zu Kooperationen mit InsurTechs bereit. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Ihr Werteversprechen wird von vielen Kunden zunehmend kritisch gesehen. Darüber hinaus leiden die Gesellschaften unter hohen Kosten – und manche auch unter einer veralteten IT. Vernünftige Renditen sind angesichts des anhaltenden Niedrigzinses gerade in der PKV und in der Lebensversicherung nur unter großen Mühen darstellbar, was sich wiederum negativ auf das Preisniveau auswirkt. Und letztlich sind ihnen viele InsurTechs hinsichtlich des Digitalisierungsgrades mitunter deutlich überlegen. Diese verfügen aber noch über einen weiteren gravierenden Vorteil: Die Art der Kundenansprache gerade in der so wichtigen Zielgruppe junger Menschen.

Gerade dieser Mangel an direkten Ansprechmöglichkeiten treibt die Versicherer förmlich in die Arme der zumeist fancy daherkommenden InsurTechs. Und befördert damit die Zukunftsfähigkeit der neuen Player. Wobei es allerdings auch anders geht.

Beispiel: InsurTech Startup

In München ist erst vor wenigen Monaten der erste rein digitale private Krankenversicherer an den Start gegangen. Bei ottonova gibt es nicht nur eigene Tarife, vielmehr erfolgt der komplette Prozess von der Antragstellung über die Abrechnung bis hin zur Abwicklung über das Internet oder via App. Zwar sind mittlerweile auch etliche etablierte PKV-Anbieter mit eigenen Apps aktiv, doch das Startup aus der bayerischen Landeshauptstadt könnte dem Markt völlig frische Impulse geben.

Beim Nutzen von InsurTechs durch Versicherungsnehmer wird per Klick schnell der ursprüngliche Makler oder Vermittler ausgeschaltet. Denn wer ein InsurTech nutzt, stimmt meist einer Bestandsübertragung des Ursprungsvermittlers und somit dem Beraterwechsel auf das InsurTech zu.

Das gilt es zu überprüfen. Der ursprüngliche Vermittler ist nach der Übertragung für nichts mehr zuständig. Der Versicherungsnehmer regelt künftig alle seine Angelegenheiten mit dem InsurTech.