Ständige Erreichbarkeit, vor dem Schlafengehen eben noch die Mails checken, oder gleich morgens nach dem Aufstehen. Oft gehört das zum Alltag. Welche Auswirkungen die Digitalisierung der Arbeitswelt auf Beschäftigte hat, untersuchten jüngst Forscher der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT, des BF/M-Bayreuth und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

Die Forschergruppe befragte rund 5.000 Beschäftigte.

Ihr Fazit:

Das Maß an digitaler Arbeit steigert die Unzufriedenheit, senkt die Leistungsfähigkeit und belastet Arbeitnehmer sowohl psychisch als auch körperlich. So fühlten sich 45 Prozent moderat digital gestresst. 8 Prozent der Befragten litten sogar unter (sehr) starkem Stress – mit deutlich gesteigerten Risiken für die Gesundheit. Während nur 14 Prozent der Arbeitnehmer, die wenig digitalen Stress verspüren, psychisch beeinträchtigt seien, bejahen das 39 Prozent der digital Gestressten. Ähnlich verhält es sich bei Herz-Kreislauferkrankungen. 35 Prozent der Gestressten sind hiervon betroffen, dagegen nur 21 Prozent ungestresster Arbeitnehmer.

Digital arbeiten: Für viele heißt das permanente Erreichbarkeit

Einer der zwölf zusammengetragenen Belastungsfaktoren der Digitalisierung ist die permanente Erreichbarkeit. Ein Großteil der Studienteilnehmer leidet unter dem vermeintlich kontinuierlichen Zwang, präsent zu sein. Gerade dann, wenn die Grenzen zwischen Büroalltag und privat genutzter Zeit verschwinden, gehen viele von einer höheren Erwartung der Arbeitgeber aus, schneller reagieren zu müssen.

Professor Henner Gimpel, beteiligter Wissenschaftler der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT, meint im Deutschlandfunk zum Thema Omnipräsenz:

Professor Henner Gimpel zum Thema Omnipräsenz:

„Viele haben Sorge, dass durch die digitale Technik immer präsenter wird, wie viel sie leisten. Sei es, dass man sieht, zu welcher Zeit sie ein Dokument editiert haben oder was irgendwo im Cloud-Speicher liegt. Dass man an der Email sieht, wann sie die verschickt haben und ob sie wirklich rund um die Uhr arbeiten. Auch der Instant Messenger mit seinem kleinen grünen Lämpchen, welches anzeigt, ob jemand gerade verfügbar ist oder schon länger von seinem Rechner weg.“

Auf der anderen Seite empfinden viele Beschäftigte auch die eigene Ablenkbarkeit durch digitale Medien und die gleichzeitig private wie berufliche Nutzung digitaler Geräte als Belastung. Etwa, wenn der Chef nicht nur Mails schreibt, sondern auch per WhatsApp kommuniziert, bringt das die eigene Privatsphäre in Gefahr – vom Privatleben ganz zu schweigen.

Welche Folgen das für Unternehmen haben kann, erklärt Professor Torsten Kühlmann, Präsident und Inhaber des Lehrstuhles für Betriebswirtschaftslehre der Uni Bayreuth: „Erwerbstätige mit starkem digitalem Stress berichten häufiger, dass sie Probleme haben, von der Arbeit abzuschalten. Sie denken öfter daran, die Arbeitsstelle oder den Beruf zu wechseln und zeigen eine schlechtere Leistung. Sie sind außerdem unzufriedener mit ihrer Arbeitsstelle.“

Je innovativer die Unternehmen, desto höher der Stresslevel

Gerade in jungen Branchen gehöre das aber zum Alltag: „Interessanterweise sind vor allem auch Erwerbstätige in innovativen Unternehmen, welche sich durch Kreativität und Risikobereitschaft auszeichnen, von stärkerem digitalem Stress betroffen“, so Kühlmann. Neben Spannungen am Arbeitsplatz gehörten laut Studie auch emotionale Belastungen und hohes Arbeitsaufkommen zu den Stressfaktoren.

Gegenmaßnahmen sind sinnvoll und wichtig

Viele der Gegenmaßnahmen, die Unternehmen träfen, kämen aktuell allerdings zu kurz, so Gimmel. Er meint, Führungskräfte – sei es ein Teamleiter, Abteilungsleiter oder Bereichsleiter – müssten bei sich selbst anfangen. Sie müssten ihr Problem mit digitalem Stress, den sie an ihre Mitarbeiter weitergäben, ausmachen. Außerdem müssen sie sich fragen: „Wo ist der bei ihnen selbst, was kommunizieren sie ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“. Um das zu erreichen entwickle er mit seinen Kollegen aktuell Trainings: „in denen sie das erst mal erlernen können und dann auch in der betrieblichen Praxis umsetzen. Aber bis wir dafür dann genug Evidenz haben, dass wir auch wirklich sagen können, dass das nachgewiesen wirksam ist, dafür werden wir ungefähr noch ein Jahr brauchen.“
So viel Zeit muss sein.

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