Notlagentarif in der Privaten Krankenversicherung (PKV)

Das Wichtigste zum Notlagentarif in Kürze

  • Der Wechsel in den Notlagentarif wird durch die Versicherung veranlasst, wenn Versicherte nicht mehr in der Lage sind, ihre Beiträge für die private Krankenversicherung zu zahlen.
  • Die Prämien in diesem Sozialtarif liegen bei 100 bis 125 Euro und sind damit deutlich geringer als in den regulären Tarifen, aber auch im Basis- oder Standardtarif der PKV.
  • Die Leistungen im Notlagentarif der PKV beschränken sich auf eine unbedingt notwendige medizinische Versorgung.
  • Die Rückstufung in den ursprünglichen Tarif erfolgt automatisch, wenn alle Beitragsrückstände sowie Säumniszuschläge und Mahngebühren bezahlt sind.

Was ist der Notlagentarif der PKV?

Anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung werden die Beiträge in der privaten Krankenversicherung einkommensunabhängig berechnet. Dieser Berechnung liegt das sogenannte Äquivalenzprinzip zugrunde: In einem gleichaltrigen Kollektiv von Versicherungsnehmern muss die Summe aller Beiträge über die gesamte Versicherungslaufzeit die Kosten sämtlicher Versicherungsleistungen decken.

Die individuellen Beiträge privat krankenversicherter Personen werden zum Beginn der Versicherung festgesetzt. Wenn sich der individuelle Gesundheitszustand eines Versicherten verändert, hat dies keinen Einfluss auf die Beitragshöhe. Beitragserhöhungen erfolgen aufgrund neuer Behandlungsmethoden und der allgemeinen Preisentwicklung für Gesundheitsdienstleistungen. Zumindest für Senioren werden sie durch Altersrückstellungen abgefedert.

Allerdings kann die individuelle Beitragsfestsetzung in der privaten Krankenversicherung dazu führen, dass bei reduzierten Einkünften der Anteil der Krankenversicherungskosten am Gesamtbudget so stark ansteigt, dass die Versicherten ihre Beiträge nicht mehr zahlen können. Um eine Überschuldung durch ausstehende Beiträge zu verhindern, hat der Gesetzgeber im Jahr 2013 den Notlagentarif der privaten Krankenversicherung eingeführt.

Für wen wurde der Notlagentarif eingeführt?

Der Notlagentarif war durch die Einführung der allgemeinen Krankenversicherungspflicht ab 2007/2009 erforderlich geworden. Bei Beitragsschulden konnten die Versicherungsverträge in der privaten Krankenversicherung aufgrund der Versicherungspflicht nicht mehr einfach gekündigt werden.

Zwar wurden säumige Zahler von den Versicherern ab 2009 in den Basistarif mit dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung eingestuft, was jedoch in vielen Fällen keine Lösung für die Schuldenproblematik war.

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Der Notlagentarif bietet privat Versicherten, die ihre Beiträge nicht mehr bezahlen können, einen Mindestversicherungsschutz, der strengen Regularien unterliegt und auf finanzielle Notlagen beschränkt ist. Er ist nicht mit dem Basistarif identisch, in den PKV-Versicherte auf Antrag wechseln können.

Gerd Güssler

Versicherungsexperte & Gründer KV-FUX

Wie kommt man in den Notlagentarif?

Der Notlagentarif ist nicht frei wählbar. Es handelt sich dabei um einen Sozialtarif mit einem stark reduzierten Beitragssatz. Die privaten Versicherer sind gesetzlich verpflichtet, vollversicherte Kunden in den Notlagentarif einzustufen, wenn über mehrere Monate nicht gezahlte Beiträge aufgelaufen sind. Hierfür hat der Gesetzgeber ein verbindliches Prozedere vorgeschrieben:

  1. Wenn PKV-Versicherte ihre Beiträge für ihren bestehenden Tarif nicht bezahlen, kann der Versicherer nach zwei Monaten erstmals mahnen. Hierfür fallen Mahnkosten sowie ein einprozentiger Säumniszuschlag auf die Beitragsschulden an.
  2. Falls zwei Monate nach der ersten Mahnung immer noch mindestens ein Monatsbeitrag geschuldet wird, kann der Versicherer eine zweite Mahnung schicken. Diese enthält den Hinweis, dass der Versicherungsvertrag ruhend gestellt wird, wenn die Rückstände nicht innerhalb des nächsten Monats beglichen werden.
  3. Wenn auch nach dem Ablauf dieser Frist mindestens ein Monatsbeitrag aussteht, erfolgt die Einstufung in den Notlagentarif – der bestehende Vertrag ruht, solange der Versicherungsnehmer im Notlagentarif versichert ist.

Welche Konsequenzen bringt ein Wechsel in den Notlagentarif mit sich?

Im Notlagentarif wird der Versicherungsschutz und Leistungskatalog der privaten Krankenversicherung auf ein Minimum reduziert. Alle für den ursprünglichen Tarif vereinbarten Zusatzleistungen ruhen.

Hierunter fallen beispielsweise Chefarztbehandlung, Unterbringung im Ein- oder Zweibett-Zimmer in der Klinik, Behandlungen durch einen Heilpraktiker oder erhöhte Kostenerstattungen bei Zahnersatz, die in der privaten Krankenversicherung üblich sind. Eine vorhandene PKV-Card darf nicht mehr verwendet werden und muss zeitnah an die Versicherungsgesellschaft zurückgeschickt werden.

Die Reduktion der Leistung gilt auch für alle anderen Personen – beispielsweise den Ehepartner oder Kinder – für die der Versicherte einen PKV-Vertrag abgeschlossen hat.

Der wichtigste Vorteil des Wechsels in den Notlagentarif besteht darin, dass das Anhäufen weiterer Beitragsschulden verhindert wird. Die Möglichkeit der Rückkehr in einen regulären Tarif bleibt dabei grundsätzlich erhalten.

Zudem ist die Umstellung auf den Notlagentarif in der Regel auch rückwirkend ohne Säumniszuschläge und Mahngebühren möglich, so dass sich die bestehenden Beitragsrückstände weiter reduzieren. Allerdings müssen Versicherungsnehmer bei einer rückwirkenden Einstufung mit einer Wartezeit von mehreren Monaten rechnen, da hierfür erheblicher bürokratischer Aufwand nötig ist.

Die Einstufung in den Notlagentarif und das Ruhen des ursprünglichen Vertrages entbindet den Versicherten nicht von der Pflicht, die bereits bestehenden Beitragsschulden zu bezahlen.

Die Versicherungsgesellschaft hat das Recht, gerichtliche Mahnverfahren oder die Pfändung einzuleiten. Versicherte müssen aufgrund der nicht gezahlten Beiträge außerdem mit einem negativen Schufa-Eintrag rechnen.

Welche Leistungen bietet der Notlagentarif?

Die private Krankenversicherung bietet mit dem Notlagentarif eine Versorgung auf Basisniveau. Weiterhin übernommen werden die folgenden Kosten:

  • Medizinische Leistungen der Akutversorgung (ambulant und stationär)
  • Schmerzversorgung
  • Behandlung chronischer Erkrankungen
  • Für Schwangere: Kontroll- und Vorsorgeuntersuchungen, Entbindungskosten.
  • Für Kinder und Jugendliche gilt ein etwas erweiterter Leistungsumfang. Für sie werden neben der Akut- und Schmerzversorgung auch die folgenden Leistungen übernommen:
  • Heilbehandlungen bei Krankheit oder als Unfallfolge
  • Früherkennungs- und Vorsorgeuntersuchungen
  • Schutzimpfungen entsprechenden den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) der Robert-Koch-Instituts (RKI).

Auf alle weiteren Leistungen müssen im Notlagentarif versicherte Personen verzichten oder sie selbst bezahlen. Beispielsweise werden für Erwachsene im Notlagentarif auch keine Kontroll- und Vorsorgeuntersuchungen übernommen – eine Ausnahme ist hier lediglich für Schwangere vorgesehen. Bei ambulanten Behandlungen erstattet die privat Krankenversicherung üblicherweise nur den 1,16-fache Gebührensatz.

Was kostet der Notlagentarif?

Im Notlagentarif entfallen alle Selbstbehalte und Zuschläge des ursprünglichen Tarifs. Auch Altersrückstellungen werden während einer Versicherung in diesem Tarif nicht gebildet. Die bereits vorhandenen Altersrückstellungen können auf den Versicherungsbeitrag angerechnet werden, um diesen weiter abzusenken – die Entscheidung darüber liegt im Ermessen des Versicherers.

Einen allgemeingültigen Beitragssatz für Versicherte im Notlagentarif gibt es nicht – die Beiträge werden individuell errechnet. In der Regel wird der monatliche Beitrag jedoch zwischen 100 und 125 Euro liegen.

Hinzu kommen die Kosten für eine private Pflegepflichtversicherung. Der Notlagentarif ist ebenso wie die regulären Tarife der privaten Krankenversicherung arbeitgeberzuschussfähig, woraus sich für Arbeitnehmer eine weitere Beitragssenkung ergibt.

Notlagentarif versus Basistarif: Was ist der Unterschied?

Mit diesen Beitragssätzen ist der Notlagentarif deutlich günstiger als der Basistarif, dessen Beitragssätze maximal auf dem Niveau des Höchstbeitrags der gesetzlichen Krankenversicherung liegen dürfen.

Versicherungsnehmer, die nach dem 01. Januar 2009 in eine private Krankenversicherung eingetreten sind, dürfen jederzeit in den Basistarif wechseln und können dann einen Leistungsumfang in Anspruch nehmen, der auf dem Niveau der gesetzlichen Krankenkassen liegt.

Wer schon vorher privat versichert war, muss für den Wechsel in den Basistarif mindestens 55 Jahre alt sein, sich bereits im Ruhestand (Rente oder Beamtenpension) befinden oder nachweisen, dass er mit seinem bisherigen Tarif finanziell überlastet ist.

Aktuell liegt der Beitrag für die private Krankenversicherung im Basistarif bis zu 769 Euro pro Monat. Für im Sinne des Sozialgesetzbuches hilfebedürftige Personen reduziert sich dieser Beitrag auf die Hälfte. Im Rahmen der Grundsicherung ist auch eine staatliche Kostenbeteiligung möglich. Versicherte im Basistarif können auch bei Beitragsrückständen nicht in den Notlagentarif verschoben werden.

Durch den Notlagentarif hat der Gesetzgeber somit eine Regelung getroffen, die einen effizienten Abbau von Beitragsschulden unterstützt, da die monatliche Belastung durch die Beiträge zur privaten Krankenversicherung nur noch minimal ist.

Die drei Sozialtarife in der PKV

In der PKV gibt es insgesamt drei Sozialtarife: den Notlagentarif, den Basistarif sowie den Standardtarif für Versicherungsnehmer, deren PKV-Vertrag bereits vor 2009 bestand.

Die durchschnittlichen Beiträge für den Standardtarif liegen bei knapp 400 Euro. Die privaten Krankenversicherer und der Bund der Versicherten (BdV) fordern, den Standardtarif für alle PKV-Versicherten zu öffnen. Sehr wahrscheinlich würde hierdurch auch die Anzahl der Personen sinken, die die Notfalllösung der PKV in Anspruch nehmen müssen.

Wie lange kann man im Notlagentarif versichert bleiben?

Der Notlagentarif wurde durch den Gesetzgeber geschaffen, um privat krankenversicherte Personen mit temporären Zahlungsschwierigkeiten vor einer Überschuldung durch nicht gezahlte Versicherungsbeiträge und dem Verlust der Krankenversicherung zu schützen.

Eine zeitliche Befristung ist für die Versicherung in diesem Tarif nicht vorgesehen. Aufgrund der stark reduzierten Leistungen ist eine schnelle Rückkehr in einen Normaltarif trotzdem wünschenswert.

Anzahl der Versicherten und Verweildauer im Notlagentarif

Die Zahl der im Notlagentarif Versicherten hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich abgenommen. Im Jahr 2014 waren nach Angaben des PKV-Verbandes 114.400 Personen in diesem Tarif versichert, 2021 war ihre Anzahl auf 83.500 Versicherte gesunken.

Die durchschnittliche Verweildauer in diesem Tarif lag im Jahr 2021 bei 22 Monaten. Gegenüber 2019 ist sie um zwei Monate angestiegen.

Wie funktioniert die Rückkehr in den alten Tarif?

Die Rückkehr in den Normaltarif ist möglich, wenn der oder die Privatversicherte alle offenen Beiträge, Säumniszuschläge sowie Mahngebühren beglichen hat. Der Wechsel in den ursprünglichen Tarif erfolgt dann automatisch – allerdings nicht direkt nach dem Zahlungsausgleich, sondern erst im übernächsten Monat.

Zu diesem Zeitpunkt wird der ursprüngliche Versicherungsvertrag wieder aktiviert. Der Versicherte zahlt seinen regulären Beitrag und kann alle Leistungen seiner PKV-Police in Anspruch nehmen. Allerdings können die Verrechnung von Altersrückstellungen oder allgemeine Beitragsanpassungen dazu führen, dass der Versicherungsbeitrag nach der Reaktivierung des Vertrages höher ausfällt als bisher.

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